10 Fragen zum Tatmotiv – heute an Axel Stöcker
Hinterlasse einen Kommentar30. Juni 2022 von ibohnet
Eine Gesprächsreihe mit Schriftstellern, Künstlern, Wissenschaftlern rund um das persönliche Motiv ihres kulturellen Schaffens. Heute mit dem Blogger Axel Stöcker.
Im Mittelpunkt des vorliegenden Blog-Beitrags steht Axel Stöcker, der seit vielen Jahren den Blog der großen Fragen betreibt, eine Website zu fundamentalen naturwissenschaftlichen metaphysikalischen und philosophischen Fragestellungen: Ästhetik, Bewusstsein und freier Wille, Denken, Evolution, Gott und die Welt, Humor, Kosmologie und Leben, das sind typische Kategorien seines Blogs, der mehrfach zum „Wissenschaftsblog des Jahres“ nominiert wurde. Axel Stöcker interviewt darin Wissenschaftler und Philosophen, weshalb auch der Verfasser des vorliegenden Beitrags schon zweimal in den Genuss von Interviews gekommen ist. Mit den „10 Fragen zum Tatmotiv“ werden die Rollen heute einmal herumgedreht.
Der Fragensteller (wird zum Befragten)
1. Sie interviewen Naturwissenschaftler und Philosophen zu großen, fundamentalen Fragen und betreiben den Blog der großen Fragen. Was ist Ihr Motiv?
Das wichtigste Motiv für den Blog war von Beginn an, über die „großen Fragen“ ins Gespräch zu kommen. Am Anfang war es gezwungenermaßen ein Selbstgespräch, was nicht per se schlecht ist, aber das kann natürlich den Austausch mit anderen nicht ersetzen. Wie es sich dann entwickelt hat – zum Beispiel auch mit diesem Interview – das macht sehr viel Freude. Damit hätte ich damals nicht gerechnet.
2. Wann haben Sie beschlossen, publizistisch-moderierend tätig zu werden?
Ich hatte in ein Buchprojekt zu den „großen Fragen“ ziemlich viel Arbeit investiert. 2015 hat sich das endgültig zerschlagen, aber die ganzen Fragen und Themen sind mir weiter im Kopf herumgeschwirrt. Sie mussten raus, sonst hätte ich geistige Verstopfung bekommen. Also fing ich an zu bloggen. Das Buchmanuskript habe ich als eine Art Steinbruch benutzt.
3. Nach welchen Kriterien wählen Sie die Persönlichkeiten aus, über die Sie berichten? Wie entsteht der Kontakt?
Die Vorstellung, ich könne Persönlichkeiten „auswählen“, hätte ich bis vor kurzem schlicht größenwahnsinnig gefunden, deshalb kann ich zu Kriterien nicht viel sagen, außer dass wir im Moment den thematischen Schwerpunkt „Bewusstsein“ haben. Die ersten diesbezüglichen Kontakte ergaben sich eher zufällig entlang der Themen, über die ich gerade schrieb. Erst seit Dirk Boucsein von philosophies und ich gemeinsam das „Zoomposium“ betreiben, haben wir zu unserer eigenen Überraschung festgestellt, dass man auch als „Nobody“ bekannte Persönlichkeiten wie Wolf Singer oder Gerhard Roth für ein Interview zu gewinnen kann, indem man eine raffinierte Methode einsetzt: Man schreibt ihnen eine E-Mail. Dass es so einfach ist, könnte daran liegen, dass es in den traditionellen Medien keine Formate (mehr) gibt, in denen man sich genug Zeit für komplexe Themen nimmt. Aber das ist nur eine Vermutung.
4. Gibt es ein spezifisches, immer wiederkehrendes Thema in Ihrer journalistisch-publizistischen Arbeit?
Auf dem Blog gab es schon viele Themen: Bewusstsein und freier Wille, Kosmologie, Evolution, Wissenschaftstheorie … Das gemeinsame, immer wiederkehrende Thema lässt sich mit einem Zitat von Justus von Liebig auf den Punkt bringen: „Die Wissenschaft fängt eigentlich da an interessant zu werden, wo sie aufhört.“
5. Welche publizistischen Vorbilder haben Sie für Ihre Arbeit?
Als Jugendlicher war das der legendäre Hoimar von Ditfurth. Heute habe ich kein bestimmtes Vorbild, wohl aber bestimmte Bücher, die mich inspiriert haben. Zum Beispiel „Gott, Gene und Gehirn“ von Rüdiger Vaas und Michael Blume, „Eine kurze Geschichte von Gehirn und Geist“ von Matthias Eckoldt, „Das ist Evolution“ von Ernst Mayr oder auch „Die Unbestimmtheit der Welt“ von David Lindley.
6. Was macht für Sie gutes (journalistisches) Schreiben aus?
Erstens: Argumente so glasklar herauszuarbeiten, dass man beim Lesen denkt: hey, das muss stimmen, es kann gar nicht anders sein. Zweitens: So schön zu schreiben, dass man den Text auch dann mit Genuss lesen kann, wenn man seinen Inhalt gar nicht versteht. Das sind Ideale. Ich versuche, ihnen nahe zu kommen.
7. Woran arbeiten Sie gerade?
Man sagt, jeder zehnte Deutsche habe einen Roman geschrieben und irgendwo im Nachttisch versteckt. Ich gestehe: ich bin einer davon. Da meiner den Nachttisch verlassen soll, beschäftigt mich zurzeit die Agentur- bzw. Verlagssuche am intensivsten.
Einen Satz zum Inhalt (sehen Sie es mir nach): Ein Neurowissenschaftler macht eine Entdeckung am Gehirn und hofft, damit die Natur des Bewusstseins zu enträtseln. In diesem Zusammenhang verliebt er sich in eine Journalistin und die Fragen nach der Liebe und dem Bewusstsein verschmelzen für ihn zu einem einzigen großen Rätsel. – Sie merken, es geht auch hier um die ganz großen Fragen.
Ansonsten produziere ich auch noch den Song zum Roman, ich schreibe an einem Essay über Homo Deus, den Bestseller von Yuval Harari, lese das neue Buch von Ilja Bohnet und möchte demnächst ein Interview mit ihm vorbereiten. Sie sehen, Langeweile kommt nicht auf.
8. Welche Rolle spielt der Zeitgeist für Sie?
Der Zeitgeist? Welche Röcke gerade in Mode sind, interessiert mich eher am Rande. Am Ende sind die Beine entscheidend. Ich hoffe, dass der im Moment herrschende Zeitgeist diesen – wie ich finde: anschaulichen – Vergleich gestattet.
Für die „großen Fragen“ ist der Zeitgeist kein besonders kompetenter Ratgeber. Warum gibt es etwas und nicht nichts? Da hilft es wenig, ob in der Kosmologie gerade eine flaches oder ein gekrümmtes Universum en vogue ist.
Natürlich wäre es Hybris zu glauben, man könne sich vom Zeitgeist völlig lösen. Doch scheint es mir eine gute Übung, es immer wieder zu versuchen.
9. Was würden Sie sich für Ihre Arbeit wünschen?
Einen Verlag und mehr Zeit.
10. Welche Frage würden Sie sich überdies gerne zum Abschluss selber stellen?
Meine Generation kennt noch Joachim Fuchsberger, ein Multitalent, der unter anderem im Fernsehen prominente Personen befragte. Böse Zungen behaupteten damals, er würde hauptsächlich sich selbst interviewen. Aber Hand auf’s Herz: Wer möchte nicht gerne über die Dinge sprechen, die ihn gerade umtreiben? In diesem Sinne: Herzlichen Dank für das Interview, Herr Bohnet und die Frage an mich: Gibt es schon ein Demo des Songs zu Ihrem Roman? Gibt es, nämlich hier!
Lieber Axel Stöcker, vielen Dank für das schöne Gespräch!
Kategorie: #bellartist, 10 Fragen zum Tatmotiv | Schlagwörter: Axel Stöcker, Ästhetik, Bewusstsein und freier Wille, Blog der großen Fragen, David Lindley, Denken, Dirk Boucsein, Ernst Mayr, Evolution, Gott und die Welt, Hoimar von Ditfurth, Humor, Ilja Bohnet, Joachim Fuchsberger, Kosmologie und Leben, Matthias Eckoldt, Metaphysik, Michael Blume, Physik, Rüdiger Vaas, Yuval Harari