SETI und die Suche nach außerirdischen Zivilisationen

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19. September 2020 von ibohnet

Wie erfolgversprechend ist SETI – the search for extraterrestrial intelligence?

Gibt es außerirdisches Leben im Universum? Das treibt die Wissenschaft seit mehr als hundert Jahren um. Nicht zuletzt die aktuelle Entdeckung von Phosphin in der Atmosphäre der Venus hat die Diskussion wieder angeheizt, weil dieses Gas auf der Erde nur durch biologische Prozesse entsteht und deshalb spekuliert wird, ob nicht Mikroben auf der Venus für dessen Herstellung verantwortlich sein könnten. Die Ansprüche an außerirdisches Leben in unserem Sonnensystem sind allerdings seit H. G. Wells „Krieg der Welten“, worin Außerirdische vom Mars die Erde bedrohen, denkbar tief gesunken. Mehr als Mikroben erwartet niemand mehr in unserem Sonnensystem, seit die Venera-, Pioneer-, Viking- und Voyager-Sonden in den 1970er Jahren den stellaren Weltraum und unsere neun (bzw. acht) Planeten erkundeten.

Aber wie steht es mit interstellaren außerirdischen Zivilisationen? Ist es nicht angesichts der unvorstellbar großen Anzahl der Sterne in unserer Galaxis eher wahrscheinlich, dass sich irgendwo auch Leben gebildet hat, darunter vielleicht auch intelligentes, das zivilisatorisch vergleichbar ist mit unserer Menschheit? Intelligente Aliens möglicherweise sogar ganz in in der Nähe, auf Planeten unserer Nachbarsterne, sagen wir in einem Umkreis von 100 Lichtjahren?

Aber wie könnten wir hier auf der Erde von ihrer Existenz erfahren? Wie könnten sich außerirdische Zivilisationen bemerkbar machen? Eine naheliegender Gedanke ist – der tatsächlich seit mehr als fünfzig Jahren auch immer wieder aufgegriffen und verfolgt wird, dass sich Außerirdische genau wie wir Menschen der Radiowellen bedienen. Radiowellen sind elektromagnetische Wellen, die von der Menschheit dank ihrer Kulturleistungen auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technik seit mehr als hundert Jahren hergestellt werden. Weshalb nicht auch von Außerirdischen? Und genau danach forschen auch diverse SETI-Projekte, vielmehr horchen sie, ob es Signale aus dem Weltall gibt, die auf außerirdisches Leben hindeuten.

Nun haben zuletzt die Wissenschaftler Chenoa Tremblay und Steven
Tingay von der australischen Curtin University mittels des „Murchison Widefield Array“, ein riesiges Radioteleskop in Australien, einen Teil des Weltraums daraufhin abgehorcht. Leider erfolglos, weil sich kein elektromagnetisches Signal einfangen ließ, dass auf eine außerirdische Intelligenz schließen lässt. Es herrscht Stille da draußen – zumindest, was künstliche Radiosender anbetrifft.

Wie ist das Ergebnis zu bewerten? Die durchschnittliche Leistung der außerirdischen Radiosender müsste sehr viel größer sein als die irdischen, damit über die interstellaren Entfernungen von vielen Lichtjahren überhaupt noch brauchbare Signale bei uns ankommen können. Der Energieaufwand für die Betreiber eines solchen Senders wäre erheblich. Außerdem müssten die Außerirdischen über lange Zeiträume von vielen hunderten von Jahren ihre Anlagen betreiben, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass der potentielle Empfänger überhaupt technisch-wissenschaftlich so weit ist, dass Signal intellektuell auf- und wahrzunehmen (wie gesagt, wir Menschen verarbeiten Radiowellen erst sein hundert Jahren, und seit etwa fünfzig Jahren horchen wir in den Orbit). Und zu guter Letzt müssten Außerirdische das überhaupt wollen – das Blind-in-den-Orbit-Hineinfunken, um sich bemerkbar zu machen.

Werner Brefeld, Physiker, der lange das Science Café am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY zu verschiedenen Themen der Wissenschaft moderiert hat, hält den Ansatz von SETI noch aus einem ganz anderen Grund für wenig erfolgversprechend. „Ich gehe davon aus, dass die aktive Biosphäre der Erde schon lange einer außerirdischen Ziviliation in unserer Milchstraße aufgefallen wäre, wenn es denn eine solche gäbe“, erklärt Brefeld. „Denn es gibt sicher Sternsysteme mit habitablen Gesteinsplaneten, die mindestens eine halbe Milliarde Jahre älter sind als unser Sonnensystem.“ Mit anderen Worten: Eine intelligente außerirdische Zivilisation in unserer Nachbarschaft würde sehr wahrscheinlich die Charakteristik unseres Sonnensystems und vielleicht sogar der Erde erfassen und könnte sich ausmalen, dass es hier wahrscheinlich auch Leben gibt. Weshalb sind sie dann noch nicht hier gewesen? „Aus der Tatsache, dass uns offensichtlich noch keine außerirdischen Lebewesen besucht haben, würde ich nicht zwingend schließen, dass es sie in unserer Milchstraße nicht gibt“, sagt Brefeld. „Fast alle Artikel und Publikationen gehen nämlich nicht auf die energetischen Beschränkungen ein, die für Außerirdische gleichermaßen gelten wie für uns.“ Auch der Nichtempfang von Signalen von Außerirdischen könnte schlicht energetische Gründe haben. „Allerdings bin ich selbst sehr skeptisch, ob in unserer Milchstraße eine außerirdische Zivilisation existiert.“ Wenn eine solche aber doch exisieren sollte, dann wird sie uns wohl nie erreichen können, so Brefelds nüchterne These, auch wenn nicht ganz auszuschließen sei, dass wir deren Signale eines Tages auffangen können. „Wie auch immer, eine sinnvolle Kommunikation wird wegen der großen Entfernungen unmöglich sein“, schließt Brefeld und verweist auch auf Gedanken dazu unter seiner Hompage, siehe http://www.brefeld.homepage.t-online.de/raumschiff.html.

Der Physiker und Science-Slam Poet Marc Wenskat begegnet meiner Frage, ob es außerirdische Zivilisationen gibt, mit einer Gegenfrage: „Kennst Du Arthur C. Clarke? Ein großer englischsprachiger SciFi-Autor. Er hat mal gesagt, es gäbe zwei Möglichkeiten, sich das vorzustellen: Entweder sind wir allein im Universum. Oder wir sind es nicht. Beides sei gleichermaßen erschreckend.“ Für Wenskat trifft Clarke damit die Relevanz der Frage, deren existentielle Bedeutung, auf den Punkt.

Marc Wenskat selber kann sich nicht vorstellen, dass Leben nur auf der Erde entstanden ist, wenngleich er einräumt, dass wir wenig davon verstehen, wie es entstanden sein könnte, noch was eigentlich Bewusstsein bedeutet, wie Intelligenz entsteht. „Aber mir fällt es schwer zu glauben, dass der Zufall der Lebensentstehung nur einmal im Kosmos eingetreten sein soll – weil das Universum doch so unfassbar viele Möglichkeiten beinhaltet“, sagt Wenskat. „Oder Intelligenz und Bewusstsein entsprangen keinem
Zufall, sondern sind das Ergebnis eines natürlichen Prozesses. Aber dann sehe ich noch weniger Gründe, warum es kein intelligentes Leben da draußen geben soll.“ Allerdings ist auch Wenskat wie schon Brefeld sehr unsicher, ob wir jemals Kontakt aufnehmen können – dafür ist das Universum doch zu groß, sowohl räumlich als auch zeitlich.

Marc Wenskats Science-Slam kann beispielhaft unten aufgerufen werden …

(Interviews vom September 2020)

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