Die Motivation des Naturwissenschaftlers
Hinterlasse einen Kommentar15. Februar 2013 von ibohnet
Ilja Bohnet im Interview mit Dr. Nikola Rührmann, Gründerin und Vorsitzende der Stiftung zur Rettung der Welt – eine Stiftung zur Förderung des literarischen Schreibens.
Nikola Rührmann: Lieber Ilja Bohnet, worin besteht die Faszination der Naturwissenschaften?
Ilja Bohnet: Für die, die Wissenschaft betreiben? Oder für die, die dem Wissenschaftsbetrieb zusehen?
Nikola Rührmann: Bleiben wir erst mal bei den Wissenschaftlern: Warum forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler? Was treibt sie an zu ihrer Arbeit?
Ilja Bohnet: Als Motiv wird oft die kindliche Neugier genannt. Man sieht etwas, will es verstehen und sich nicht mit einfachen Erklärungen zufrieden geben. Eine kindliches Interesse an der Funktionalität der Welt also.
Nikola Rührmann: Der Physiker und Nobelpreisträger Stephen Weinberg nennt in der Schlussbemerkung seines Buches „Die ersten drei Minuten“ als Grund, warum die Menschen forschen, dass sie darin einen Trost finden angesichts der Sinnlosigkeit der Welt: »Das Bestreben, das Universum zu verstehen, hebt das menschliche Leben ein wenig über eine Farce hinaus und verleiht ihm einen tragischen Hauch von Würde.«
Ilja Bohnet: Ja, ich kenne diesen nihilistischen Satz. Sehr bewegend. Ich bin mir aber inzwischen nicht mehr sicher, ob es der wahre Beweggrund ist für das „Erforschen der Welt“. Der Kunsthistoriker Robert Kudielka geht über diese hehren Erklärungen wie „Neugier“ und „kalte Einsicht“ hinaus.
Nikola Rührmann: Nämlich?
Ilja Bohnet: »In der ersten Stunde hat Francis Bacon, Lordkanzler von England, es doch sehr genau gesehen in dem Appell, den er an seinen König gerichtet hat, endlich die Streitigkeiten und die Kriege unter den Menschen zu beenden und den eigentlich einzig wirklichen und sinnvollen Krieg zu führen: den Krieg gegen die Natur, die den Mensch unterwirft. Und in der Weise ist die Faszination der Naturwissenschaften über dieses Kampf- oder Kriegskonzept des 17. Jahrhunderts hinaus diejenige, eine Art dem Menschen verfügbarer, eine ihm zuträgliche Natur zu erschaffen. In dieser Hinsicht ist das Grundmotiv der Faszination an den Naturwissenschaften: die ideale Welt zu erschaffen.«
Nikola Rührmann: Ich danke Ihnen für dieses Gespräch.